Sibylle by Hahn-Hahn Ida Gräfin von

Sibylle by Hahn-Hahn Ida Gräfin von

Autor:Hahn-Hahn, Ida Gräfin von
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Zweiter Band

Aber ich war nicht ruhig – nur stumpf. Ich mied Würzburg und eilte nach Engelau ohne irgendwo auf der ganzen Reise zu verweilen. Ich wollte es nie wieder verlassen und ward durch den herzlichen Empfang meiner Untergebenen in diesem Vorhaben bestärkt. Was hatte ich in diesen zwei Jahren der Abwesenheit gewonnen? Schmerz und bittre Erfahrung; weiter nichts! Nur Benvenutas Gesundheit hatte sich sehr gebessert; sie war blühend und kräftig und gewährte mir die Beruhigung, daß die Reise für sie nicht umsonst gewesen sei. Tödtliche Pein mit einiger Verlegenheit gemischt verursachte es mir, daß ich als Gräfin Astrau aber – ohne Gemal heimkehrte. Meinem Arzt, meinem ehemaligen Vormund und allen Personen, welche direct oder indirect nach ihm fragten, sagte ich: er könne unser Klima nicht gut ertragen und sei außerdem mit Arbeiten beschäftigt, welche ihn an Italien fesselten. Man begriff das einigermaßen, man beklagte es für mich .... und bald war nicht mehr davon die Rede. Was mich am meisten an ihn erinnerte war ein Schmerz am Herzen, der mich in jener Nacht vor Arabellas Fenster ergriffen hatte, und der seitdem nie ganz mehr wich. Er war aber durchaus körperlich; seelisch – war ich mehr erstarrt und durchkältet als durchschmerzt. Ein Stückchen vom Faden der Ariadne war mir in die Hand gefallen – und fiel ebenso hinweg .... das war Alles. Sollte ich mich grämen? – Warum? – Ich wußte ja daß der Gram etwas ebenso Vergängliches sei.

Wie nun das Leben hinbringen? Der Sommer verging ganz gut. Der ländliche Aufenthalt war mir neu. Die grünen Wiesen, die schönen Bäume, die üppigen Kornfelder, die Viehheerden, die demüthige und doch nicht armselige dörfliche Umgebung contrastirte so auffallend mit Venedigs Wasser- und Marmorwelt, mit seiner zerfallenden Herrlichkeit und seiner grandiosen Armuth, daß der Genuß des Contrastes mir interessant war. Ueberdas gab es eine Menge Geschäfte, die ich einmal wieder in der Nähe übersehen oder von deren gutem Fortgang ich mich überzeugen mußte. Es gab zu loben und zu tadeln, zu berichtigen und anzufeuern, zu helfen und zu rathen. Es war eine Wiederholung der Heimkehr aus England – nur unter günstigen Umständen, und daher ohne jenen Sporn den ein bestimmtes Ziel der Thätigkeit gewährt. Schwierige Verhältnisse keiner Art lagen mir zu überwinden oder zu entwirren vor. Die Geschäfte gingen ihren höchst geregelten Gang. Meine Schulen gediehen, meine Baumpflanzungen wuchsen. Zuweilen stiegen Gedanken in mir auf als müsse ich den gemeinen Mann auf meinen Gütern unerhört beglücken. Fragte ich mich jedoch ernsthaft welche Sorte von Beglückung ihm denn beizubringen sei: so beschränkte sie sich auf Arbeit und auf einen Sparpfennig für die Noth. Dafür sorgte ich mit wahrer ausdauernder Theilnahme und zu jeder Zeit; und nie haben mich meine Verstimmungen dagegen gleichgültig gemacht.

Als der Herbst mit seinen Tagen voll Regen und Sturm und mit seinen langen Abenden kam, sah ich indessen ein, daß ich nothwendig andere Beschäftigungen brauche; und um meine Gedanken an eine bestimmte Disciplin zu gewöhnen, beschloß ich förmlich ernsthaften Unterricht zu nehmen. Ein Cursus etwa der Chemie, Physik oder Astronomie schien mir



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